Änderungen des deutschen Genossenschaftsgesetzes und Einführung der Europäischen Genossenschaft (SCE) - Auswirkungen auf die Genossenschaftspraxis
Eingeladen vom SfG der Universität zu Köln sowie FgF waren Experten der Wissenschaft, der genossenschaftlichen Verbände und der primärgenossenschaftlichen Praxis unter der Moderation von Prof. Hans Jürgen Rösner, zu diesem Thema Stellung zu nehmen.
Überschattet wurde die Veranstaltung von der Nachricht des Todes von Friedel Fleck, der als Vorsitzender des Vereins zur Förderung der genossenschaftswissenschaftlichen Forschung an der Universität zu Köln gemeinsam mit Hans Jürgen Rösner zu dieser Veranstaltung eingeladen hat. Herr Prof. Rösner würdigt die leider nur kurze Amtszeit von Friedel Fleck, in der er viele wichtige Denkanstöße zur Erneuerung des Genossenschaftsgedankens in Deutschland gegeben und das Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln tatkräftig unterstützt hat. Er bat alle Anwesenden, sich von den Plätzen zu erheben, um in einer Schweigeminute des Toten zu gedenken.
Frau Dr. Angelika Riemer, Genossenschaftsreferentin im GdW - Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., verweist in ihrem Statement auf die große Differenzierung innerhalb der Wohnungsgenossenschaften, was eine einheitliche Gesetzgebung aus Sicht des GdW für alle Genossenschaften erschwert. Nach wie vor sieht sie Insolvenz-Gefahren insbesondere bei kleinen Genossenschaften. Die Befreiung von der Jahresabschlussprüfung [§ 53 (2)] für Genossenschaften, deren Bilanzsumme 2 Mio € und deren Umsatz 1 Mio € nicht überschreitet, sieht sie kritisch, denn es sei fraglich, wie die Kontrolle der wirtschaftlichen Verhältnisse einer Genossenschaft ohne Prüfung des Jahresabschlusses möglich sein könne. Auch sieht sie kein Anliegen der Praxis, Vertreterversammlungen zugunsten der Generalversammlung abzuschaffen. Insofern sei die gesetzliche Regelung, nach der eine Generalversammlung unverzüglich zur Abschaffung der Vertreterversammlung einberufen werden soll, wenn 10% der Mitglieder eine entsprechende Eingabe machen [§43a (7)], als nicht dringend erforderlich.
Bei aller Kritik im Detail macht sie aber deutlich, dass der GdW die Genossenschaftsrechts¬novelle begrüßt und positiv sieht. Auch dient die sich nun entfaltende öffentliche Diskussion der Stärkung der Potenziale des Genossenschaftssektors.
Herr Prof. Volker Beuthien von der Universität Marburg kommt als ausgewiesener Genossenschaftsrechtsexperte seiner Rolle als Kommentator der Novelle aus wissenschaftlicher Sicht nach. Er prüft die Genossenschaftsrechtsnovelle wie jedes andere Organisationsrecht auch an den Grundrechten bzw. zu schützenden Rechten: Gläubigerschutz, Minderheitenschutz, Kontrolle des Managements sowie das Funktionieren des Kapitalmarktes. Auch er betont die Vielfalt und Differenzierungen des Genossenschaftssektors, so dass der Grundsatz der Satzungsstrenge seiner Meinung nach nicht zu dieser Vielfalt passt. Da auch kein öffentliches Interesse des Staates vorliegt und Genossenschaften die Erreichung des Förderzweckes zum Ziel haben, kann dem Grundsatz der Satzungsfreiheit nur zugestimmt werden. Die Förderbedürfnisse sind mit den zusätzlich zu den wirtschaftlichen Bedürfnissen nun berücksichtigten sozialen und kulturellen Interessen der Mitglieder bei den Förderbedürfnissen (§1) breit gespannt. Insgesamt begrüßt er nachdrücklich die Stärkung der Mitglieder durch die Novelle. Beuthien betont, dass kein Anspruch des Managements bestehe, dass Genossenschaften besonders leicht zu führen seien. Dazu passt, dass er die Aufregung der Praxis nicht versteht, die um die erleichterte Möglichkeit zur Überführung der Vertreterversammlung in eine Mitgliederversammlung kreist. Als kleinen Webfehler sieht er die Beibehaltung der eigenverantwortlichen Leitung durch einen Vorstand auch bei kleinen Genossenschaften, was bei einer Mindestmitgliederzahl von drei besonders fraglich sei. Dagegen begrüßt er nachdrücklich, dass es nun möglich ist, die Nachschusspflicht der Mitglieder in der Firma bekannt zu geben. Die jetzt geschaffene Möglichkeit, ein Mindestkapital vorzusehen (§8a), diskutiert er in dem Zusammenhang der Pflichtmitgliedschaft der Genossenschaften in Prüfungsverbänden, deren argumentative Basis er dadurch geschwächt sieht. Positiv geht er auf die Kontrolle des Förderzwecks durch die Prüfungsverbände ein.
Sein Fazit lautet: die Genossenschaftsrechtsnovelle ist abgewogen und eine mit viel Augenmaß durchgeführte Reform.
Herr Prof. Volker Beuthien von der Universität Marburg kommt als ausgewiesener Genossenschaftsrechtsexperte seiner Rolle als Kommentator der Novelle aus wissenschaftlicher Sicht nach. Er prüft die Genossenschaftsrechtsnovelle wie jedes andere Organisationsrecht auch an den Grundrechten bzw. zu schützenden Rechten: Gläubigerschutz, Minderheitenschutz, Kontrolle des Managements sowie das Funktionieren des Kapitalmarktes. Auch er betont die Vielfalt und Differenzierungen des Genossenschaftssektors, so dass der Grundsatz der Satzungsstrenge seiner Meinung nach nicht zu dieser Vielfalt passt. Da auch kein öffentliches Interesse des Staates vorliegt und Genossenschaften die Erreichung des Förderzweckes zum Ziel haben, kann dem Grundsatz der Satzungsfreiheit nur zugestimmt werden. Die Förderbedürfnisse sind mit den zusätzlich zu den wirtschaftlichen Bedürfnissen nun berücksichtigten sozialen und kulturellen Interessen der Mitglieder bei den Förderbedürfnissen (§1) breit gespannt. Insgesamt begrüßt er nachdrücklich die Stärkung der Mitglieder durch die Novelle. Beuthien betont, dass kein Anspruch des Managements bestehe, dass Genossenschaften besonders leicht zu führen seien. Dazu passt, dass er die Aufregung der Praxis nicht versteht, die um die erleichterte Möglichkeit zur Überführung der Vertreterversammlung in eine Mitgliederversammlung kreist. Als kleinen Webfehler sieht er die Beibehaltung der eigenverantwortlichen Leitung durch einen Vorstand auch bei kleinen Genossenschaften, was bei einer Mindestmitgliederzahl von drei besonders fraglich sei. Dagegen begrüßt er nachdrücklich, dass es nun möglich ist, die Nachschusspflicht der Mitglieder in der Firma bekannt zu geben. Die jetzt geschaffene Möglichkeit, ein Mindestkapital vorzusehen (§8a), diskutiert er in dem Zusammenhang der Pflichtmitgliedschaft der Genossenschaften in Prüfungsverbänden, deren argumentative Basis er dadurch geschwächt sieht. Positiv geht er auf die Kontrolle des Förderzwecks durch die Prüfungsverbände ein.
Sein Fazit lautet: die Genossenschaftsrechtsnovelle ist abgewogen und eine mit viel Augenmaß durchgeführte Reform.
Herr Dr. Otto Korte, Syndikusanwalt des DGRV e.V., weist auf die beiden Standbeine der Gesetzgebung hin: auf die Einführung der Europäischen Genossenschaft (SCE) und die Genossenschaftsrechtsnovelle, die beide nicht zwingend in einem Paket zu verabschieden sind. Aber der Gesetzgeber habe die Vorzüge der SCE für die deutschen Genossenschaften mit der Novelle verfügbar gemacht. Mit der Genossenschaftsnovelle bleibt die sozialpolitische Bedeutung der Genossenschaften erhalten, sollen Insolvenzen verhindert und die Wettbewerbsfähigkeit der Genossenschaften insgesamt verbessert werden. Kurz würdigt Dr. Korte die durchgeführten Änderungen wohlwollend und positiv. Er macht auf einen Punkt aufmerksam, auf den der bedauerlicherweise kurz vorher plötzlich verstorbene Verbandsdirektor des RWGV und Vorsitzende des FgF, Friedel Fleck, hingewiesen habe: nämlich die Ersetzung des Wortes Genosse durch den (angeblich geschlechtsneutralen) Begriff Mitglied. Dr. Korte weist darauf hin, dass der Gesetzgeber aber immer schon daran gescheitert sei, Sprachregelungen per Gesetz einzuführen. Wenn der Begriff „Genosse“ seine Berechtigung im Sprachgebrauch auch heute noch habe, dann werde sich auch nicht „das Mitglied“ an seine Stelle setzen (lassen).
In der anschließenden Aussprache unter der Moderation von Prof. Hans Jürgen Rösner wurden Fragen der Genossenschaften im europäischen Raum, Probleme der investierenden Mitglieder, der Möglichkeit der Einbringung von Sacheinlagen, der Führung von Genossenschaften unter aktiver und engagierter Teilnahme aller Anwesenden diskutiert.